Bahnhof Friedrichstraße - 1882 Am 7. Februar wird auf der Hauptstrecke der Stadtbahn zwischen Charlottenburg und Schlesischem Bahnhof (heute Ostbahnhof) der Verkehr aufgenommen. Damit ist auch der Bahnhof Friedrichstraße als prunkvollster an der Strecke in Betrieb. Die Bahn schlängelt sich kreuzungsfrei durch die Innenstadt. Dies war weder in London noch in Paris mit Eisenbahnsysteme realisiert worden; erst die U-Bahnen änderten die Situation. 731 Viaduktbögen überbrücken im Weichbild Berlins rund zwölf Kilometer, bis heute unangefochten das längste geschlossene nichtmilitärische Bauwerk der Welt. Der Preis: 33 Millionen Goldmark. Im ersten Jahr wurden drei Millionen Fahrgäste gezählt, ein Jahr später sind es dreizehn Millionen, 1890 über vierzig Millionen Menschen, die die Bahn in die Stadt hinein und aus ihr heraus schaufelt. Der Kaiser hat im Bahnhof seinen eigenen Wartesaal mit einer prächtigen Holztreppe, die ihm allein vorbehalten bleibt. Dabei sind es viele Magnaten, die ebenso fashionabel auf Reisen gehen oder in Berlin inkognito Station machen. In den zwanziger Jahren unterbricht ein Mister G. immer im Mai seine Fahrt an die Riviera für einige Tage in Berlin. Er kommt aus Stockholm, logiert im Hotel Adlon in der Suite 107/108 und wird von einer Maybach-Limousine der schwedischen Gesandtschaft abgeholt und zum Tennisclub des LTTC Rot-Weiß an die Hundekehle chauffiert. Dort spielt der weißblonde alte Herr in langen Hosen mit jungen Cracks, zu denen später auch Gottfried von Cramm (1909 bis 1976) zählen soll. Mister G. bereitete sich so hier in Berlin auf die Turniere in Menton und Cannes vor. Bei Rot-Weiß musste er immer gewinnen, das sahen die ungeschrieben Regeln so vor. Aus einleuchtendem Grund. Mister G. war schwedische König Gustav V. (1858 bis 1950). Beim Bahnhofsumbau 1926 wurden die Perrons verlängert und der kaiserliche Warteraum samt der eigenen Treppe ausgebaut und schnöde verheizt. |